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Bäuerinnen hätten sich nie als Rabenmutter gesehen!

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Diözesanvorsitzende Mechthilde Lagleder eröffnete das Fachgespräch.

Unter der Moderation von Ulrike Ostner (Bayrischer Rundfunk) diskutierten vor einem aufmerksamen Publikum Prof. Dr. Barbara Thiessen (Leiterin des Instituts Sozialer Wandel und Kohäsionsforschung (IKON) an der Hochschule in Landshut), Ursula Sauter-Heiler (Gleichstellungsbeauftrage am Landratsamt Lindau), Sylvia Schilling (Politologin und Mitglied der CSU und Frauenunion) sowie Pia Sprügel (Personalleiterin der rose plastic AG und Lehrbeauftragte für Personalwesen und Mitarbeiterführung an der DHBW Mosbach) und berichteten, wie sie beruflichen und familiären Anforderungen gerecht werden.

Prof. Dr. Barbara Thiessen, die zu Gender Studies lehrt, zeigte auf, dass sich vor allem die Leitbilder in den letzten Jahrzehnten wesentlich verändert haben. Das Problem, alles unter einen Hut bringen zu müssen, sei nicht neu. „Es ist noch nicht allzu lange her, dass man Babys auf Bretter gewickelt hat und sie dann abgestellt hat, um der Arbeit nachzugehen. Die Bäuerinnen hätten sich aber keinesfalls als Rabenmütter gesehen, nur weil sie nicht rund um die Uhr für die Kinder da sein konnten“, so Prof. Dr. Thiessen. Heute herrschen höhere Ansprüche an die Eltern vor. So fühlen sich in Deutschland 70 % der Eltern für das schulische Fortkommen ihrer Kinder verantwortlich - in Schweden nur 30%. Heute herrscht das Zweiverdienermodell vor. Männer unterstützen ihre Frauen zwar bei der Erziehung, aber die Arbeit im Haushalt bleibt in der Regel an der Frau hängen. Als Kuratorin des Müttergenesungswerkes stellt sie fest, dass Mütter der Meinung sind, alles schaffen zu müssen. Die absolut Leidtragenden sind die Alleinerziehenden. In unserer Gesellschaft hat Arbeit die oberste Priorität, alles andere muss nebenher geschehen. Als Initiatorin der Initiative „Care.Macht.Mehr“ fordert sie, dass dem Thema Fürsorge in verschiedenen Bereichen des Lebens höherer Stellenwert eingeräumt werden und es atmende Lebensläufe geben muss.

Sylvia Schilling, Mutter von Zwillingen und vollzeittätig in der IT-Branche, ist es wichtig, dass die Frauen auch eine Wahlfreiheit haben. Es müssen gute Angebote für die Betreuung der Kinder da sein. Das vorhandene schulische Angebot lasse hier sehr zu wünschen übrig. Deshalb hat sie die Freie Schule in Lindau gegründet – eine Ganztagsschule, die nicht nur auf Leistung ausgerichtet ist, sondern auch die Begabungen und Neigungen der Kinder fördert und einen sinnvollen Nachmittagsunterricht bietet.

Pia Sprügel stellte dar, dass es gerade für mittelständische Unternehmen schwierig ist, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, da viele Unternehmer in ihrem Denken noch nicht soweit seien. Oft werde die Notwendigkeit auf bestehende Probleme, wie z.B. den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, mit einer Änderung der Rahmenbedingungen zu reagieren, überhaupt nicht realisiert. „Ist das denn in einem Familienunternehmen einfacher“, wollte Ostner wissen, da Sprügel demnächst ins eigene Familienunternehmen wechselt. „Zum einen sind hier die Strukturen sehr starr. Zum anderen gibt es in einem Familienunternehmen aber auch die Möglichkeit aufgrund der kurzen Entscheidungswege zu schnellen Entscheidungen zu kommen“, so Sprügel.

Ursula Sauter-Heiler hat sich bei ihrer Berufswahl ganz gezielt für eine Arbeit mit Verbeamtung entschieden, da sie hier im Hinblick auf Familie viele Möglichkeiten hat, Beruf und Familie zu vereinbaren. In ihrer täglichen Arbeit trifft sie vermehrt auf Probleme, die die Vereinbarkeit betreffen. Gerade die Betreuungsangebote lassen noch sehr zu wünschen übrig, insbesondere die Betreuungszeiten.
Einig waren sich am Ende der Diskussion alle: Es müssen die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geändert werden – aber ganz wichtig das Denken in den Köpfen aller muss sich ändern!

17.10.2016
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