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Rollenbild und Rentenanspruch

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Auch wenn Frauen heute so gut ausgebildet sind wie nie und ihnen beruflich alle Wege offen stehen: Mit dem Beginn einer Ehe oder Partnerschaft gehen sie sehr häufig zurück in die klassische Rollenverteilung. Spätestens mit dem ersten Kind ist die Verteilung der Aufgaben in der Familie so wie noch vor 50 Jahren: Der Mann ist der Hauptverdiener, die Frau übernimmt fast den kompletten Teil der häuslichen Arbeit inklusive der Kindererziehung. Nie mehr in ihrem Erwerbsleben wird die Frau so das gleiche Gehaltsniveau erreichen wie ihr Partner. Laut Finanzexpertin und Autorin Helma Sick ein Weg in die falsche Richtung: „Es gehört zur Würde einer jeden Frau, unabhängig zu sein.“ Alle staatlichen Förderungen, die die Berufstätigkeit nur eines Ehepartners begünstigen, sollten abgeschafft werden und die Frauen gleich zu Beginn einer Ehe alle Belange der finanziellen Lebensplanung klären. Daher ihr Rat: „Lieber jetzt unromantisch sein, als später arm.“

Diese Forderung kann Martina Schroeder vom Vdk nur unterstützen: „Die Rente ist der Spiegel des Erwerbslebens. Wer wenig gearbeitet hat, bekommt nur eine sehr geringe Rente.“ Und da viele Frauen zwar viel gearbeitet haben – zu Hause, in der Kindererziehung, in der Pflege von Angehörigen – aber zu wenig in Anstellung, erhalten sie eine sehr geringe Rente. So gering, dass aktuell in Bayern jede 4. Rentnerin an der Armutsgrenze lebt.

In der anschließenden Podiumsdiskussion, die von Susanne Zehentbauer moderiert wurde, ging es darum, wie unter diesen Vorzeichen eine vernünftige Berufsplanung, Aufgabenverteilung in der Familie und Rentenvorsorge geschehen kann, was es dazu braucht und vor allem, was Gesetzgeber und Fiskus zu dem aktuellen Ungleichgewicht beitragen.

Zunächst sollten auch bei der Berufswahl und dem Wiedereinstieg finanzielle Aspekte berücksichtigt werden. Christina Schelle, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt von der Agentur für Arbeit Kempten-Memmingen, bietet dazu zum Beispiel Kurse für Gehaltsverhandlungen an.

Birgit Steudter-Adl Amini, Bildungsberaterin der Stadt Mindelheim und des Landkreises, wirbt für niederschwellige Angebote für Wiedereinsteigerinnen, um sich sowohl persönlich als auch beruflich weiter zu entwickeln und die Karriereentwicklung aktiv in den Blick zu nehmen. Eine Teilnehmerin mahnt an, dass dafür endlich flächendeckende und kostengünstige Kinderbetreuung gewährleistet sein müsse. Nur so erhalte die Frau das Vertrauen, dass ihre Kinder auch außer Haus gut betreut sind. Dafür, so Birgit Steudter-Adl Amini, sollten sich Frauen mehr kommunalpolitisch engagieren sollten. „Nur das bringt solche Themen voran“. Auch in Bezug auf das für erwerbstätige Frauen eigentlich nachteilige Steuersystem ist das Engagement von Frauen gefragt.

Hier ist auch der Anknüpfungspunkt zur politischen Arbeit des KDFB, Ottilia Trommer, Diözesanvorsitzende des KDFV, hervorhebt: Mehr Rentenpunkte für Frauen für Kindererziehungszeiten ist nur eine der Forderungen, mit denen sich der KDFB auf Bundesebene Gehör und Einfluss verschafft hat. Doch was tun, wenn zwar der Mann gern beruflich kürzer treten würde, es der Job aber einfach nicht zulässt, wie eine Frau aus dem Publikum anmerkt. Hier müssen sich auch die Unternehmen verändern, um das Arbeitsumfeld frauen- und familienfreundlicher zu gestalten. Nur so kann eine gerechte Verteilung der Erwerbs- und häuslichen Tätigkeiten zwischen Mann und Frau erreicht werden, so dass die Lohn- und Rentenlücke bald zur Vergangenheit wird. Helma Sick ist kämpferisch und motiviert die Frauen: „So lange wir uns nicht starkmachen, wird sich nichts verändern.“

Wie sich in der hoch motivierten Kleingruppenarbeit im Anschluss an die Podiumsdiskussion zeigte, wünschen sich Frauen – neben einer gerechteren Aufteilung der Erwerbstätigkeit – vor allem mehr staatliche Unterstützung und Zuwendung während und nach der Erziehungszeiten. Vor allem das – von der ehemaligen SPD Familienministerin Manuela Schwesig bereits 2016 geforderte – Familiengeld erscheint als möglicher Weg aus der ungleichen Rollenverteilung. Denn: Nur wenn Frauen arbeiten, ist ihre Rente gesichert. Diese Renteninformationen müssen rechtzeitig gesucht werden und gegebenenfalls weitere private Vorsorgen getroffen werden. Dafür fordert Karin Steck vom Beratungsdienst Geld und Haushalt des Deutschen Sparkassenverbandes mehr Beratungsstellen, um wirklich neutral und kostenfrei diesen Dienst anbieten zu können. Durch steuerliche Veränderungen für Familien, Bildungsurlaub- und Bildungsfinanzierung könnten weitere Anreize darstellen, um Frauen früher und auch qualifizierter in das Erwerbsleben zu integrieren. Da es bis dorthin wohl noch ein weiter Weg ist, sind kurzfristig eine Anhebung der Entgeltpunkte für Erziehungszeiten eine Kernforderung.

Was deutlich wurde auf der Veranstaltung: Frauen dürfen ihre finanzielle Lebensplanung und Altersvorsorge nicht durch die rosa Brille sehen. So bringt es Helma Sick in ihrem Vortrag markant auf den Punkt: „Ein Mann ist keine Altersvorsorge“.

12.02.2019
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