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Neue Frauen-Portrait-Reihe des KDFB: Selbst.bewusst.offen

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Margarete Fischer engagiert sich seit ihrer Hochzeit im zweiten Weltkrieg für mehr Ökumene und für einen barmherzigen Umgang der Kirche mit Menschen, die nicht ins Schema passen. In einem Interview mit Dr. Ursula Schell, Geistliche Begleiterin des KDFB Diözesanverbandes Augsburg erzählt sie, was sie selbst.bewusst.offen macht.

U: Liebe Margarete, ich erlebe Dich als sehr offene, interessierte Frau, bist du erst jetzt im Alter so geworden oder warst Du auch schon früher so?

M: Ich glaube ich bin schon sehr bald so offen geworden. Ich habe mich im Krieg in meinen späteren Mann verliebt, er war ein Freund meines Bruders. Als wir beschlossen unser Leben zusammen zu verbringen und zu heiraten, tat sich das erste Hindernis auf, denn mein Mann war evangelisch und ich katholisch.

U: Gab es das damals schon, gemischt konfessionelle Ehen?

M: Eigentlich war es nicht vorgesehen, mein Mann wäre auch schweren Herzens katholisch geworden um mich heiraten zu können, aber das wollte ich nicht. Eine große Erleichterung war für mich, dass mein Schwiegervater sehr positiv reagierte und meinte, dass es am wichtigsten ist, das wir uns lieben und wir so sicher alle Grenzen überwinden können.  

U: War es in der Praxis dann wirklich so einfach?

M: Nein, wir mussten sehr darum kämpfen, im Krieg heiraten zu können und haben da gute und schlechte Erfahrungen gemacht. Mein Mann musste vor der Ehe einen Eid leisten, dass er mich nicht vom Glauben abbringt und unsere Kinder katholisch werden. Mein Heimatpfarrer legte ein Kreuz auf einen Tisch mit zwei randvollen Aschenbechern, auf dieses Kreuz musste mein Mann schwören – danach war mir klar, dass ich nicht will, dass dieser  Pfarrer uns traut. Wir fanden dann zum Glück einen Pater der mit uns eine sehr schöne Hochzeitsfeier gestaltete.

U: Brauchtest Du auch Offenheit für die andere Konfession deines Mannes?

M: Ich empfand es als Bereicherung über meinen Mann mehr von der evangelischen Konfession mit zubekommen und über die Musik meines Mannes. Normalerweise war jeder von uns in seiner Gemeinde aktiv, aber manchmal bin ich mit meinem Mann in den evangelischen Gottesdienst gegangen. Da war es immer ein großer Schmerz für mich, dass ich nicht beim Abendmahl teilnehmen konnte. Deshalb ist es Balsam für meine Seele, wenn der Papst bei seinem Besuch in der evangelischen Gemeinde in Rom oder jetzt zum Reformationsjahr in Schweden, deutliche Zeichen der Versöhnung setzt und mehr auf  das Gemeinsame und die Gewissensentscheidung der Einzelnen abzielt. Meine Silberhochzeit wollte ich mit einem Gottesdienst feiern, an dem auch mein Mann mit zur Kommunion gehen kann. Doch der Antrag wurde vom Bischof abgelehnt. Ich bin dann mit meinem Mann extra Bischof Stimpfle in den Urlaub nach Maihingen nachgefahren und habe so lange mit ihm gesprochen, bis er zu gestimmt hat, dass wir wenigstens in ganz kleinem Kreis in seiner Hauskapelle Eucharistie feiern und gemeinsam zur Kommunion gehen konnten. Aber wir durften niemand etwas davon erzählen, das war sehr schade.

U: Da warst Du ja ganz schön aufmüpfig.

M: Ja, wenn mir etwas wichtig ist, da kann ich schon aufmüpfig sein. Es regt mich heute noch auf, wenn Menschen von der Eucharistie  ausgeschlossen werden. Wie weh das tut, z.B. nach einer Scheidung und Wiederheirat, erfahre ich oft bei meinen Gesprächen am Krankenbett beim Krankenbesuchsdienst. Ich habe deshalb auch ein Gebet zum Thema „Ausgeschlossen“ für das Buch „Frauen Leben Beten“ des Frauenbundes eingeschickt. Besonders treffend fand ich, was Pfarrer Freihalter mir und meinem Mann zur goldenen Hochzeit geschrieben hat: „Euer klarer und charmanter Protest gegen die Spaltung von evangelischen und katholischen Christen beeindruckt mich schon seit meiner ersten Begegnung bei der Telefonseelsorge. Ich freue mich, dass ihr euch mit diesem Skandal nicht abfindet, sondern Grenzen überschreitet und die Einheit Jesu jetzt schon lebt. Das ist nach fünfzig Jahren ein Fest wert.“

U: Was würdest Du heute als wichtigste Herausforderung sehen?

M: Heute braucht es auch Widerstandsgeist, um für das einzutreten, was wichtig ist. Heute müssen wir mit Menschen aus den anderen Religionen reden, denn es gibt nur Frieden, wenn sich die Religionen gegenseitig gelten lassen und zusammen leben, nur so kann die Welt in Zukunft in Frieden bestehen. Ich freue mich, dass ich im Alter Zeit habe, um viele Sachen zu lesen und mich in Ruhe damit auseinander zu setzen. Ich möchte als nächstes ein Buch von Navid Kermani lesen, auch ein Buch über den Islam habe ich mir schon vorgemerkt. Es macht mir manchmal Sorgen, wenn ich darüber nachdenke, was wir unseren Enkeln für eine Welt hinterlassen, aber dann vertraue ich wieder darauf, dass eine Jugend heranwächst, die ihre eigenen Wege schon finden wird.

U: Danke für Deine Offenheit und Dein Engagement.

02.05.2017
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