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Münsteraner Studie wegweisend

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Der KDFB in Deutschland hält die neu erschienene Studie zu Macht und Missbrauch im Bistum Münster seit 1945 für wegweisend. „Erstmals hat ein Bistum eine historische Untersuchung beauftragt, in die neben dem Studium der Akten zahlreiche Interviews mit Betroffenen eingeflossen sind. Damit kann die Studie mehr als andere Gutachten
das erschütternde Ausmaß und die Folgen des Missbrauchs für die Betroffenen
aufzeigen und deren Engagement in der Aufarbeitung, Aufklärung und Vernetzung
darstellen“, so KDFB-Präsidentin Maria Flachsbarth.


Die Studie stellt gegen verbreitete Narrative eindeutig fest, dass weder die sogenannte
Sexuelle Revolution noch die Pädophilenbewegung Missbrauch im Raum der
Kirche begünstigt haben. Vielmehr hat die unangefochtene, sakral aufgeladene Autorität
von Priestern den Widerstand von Betroffenen und die Glaubwürdigkeit von Zeugen
– insbesondere von weiblichen – geschwächt. Deutlich sichtbar sind auch die erschreckende
Untätigkeit und Komplizenschaft der Eliten aus Kirche und Gesellschaft.
Sie trugen dazu bei, dass sich Täter den Strafverfolgungsbehörden entziehen konnten
oder Eltern zum Schweigen gebracht wurden. Noch in den 1990er Jahren wurden
Betroffene, die sich öffentlich zu Wort meldeten, diffamiert und Journalist*innen beschimpft.
Das Forscherteam betont die Bedeutung der Frauenbewegung im Engagement gegen
Missbrauch: Aktivistinnen wie Barbara Kavemann, Ingrid Lohstöter und Ursula
Enders publizierten dazu bereits in den 1980er Jahren und gründeten Beratungsstellen.
Leider fand dieser „Zeitgeist“ in der Kirche keinen Widerhall.


„Wir sehen in der Studie eine Aufgabe für uns als Frauenverband: Wir müssen uns
fragen, wie wir verstärkt dazu beitragen können, dass diese Taten in Kirche, Institutionen
und Familien unmöglich werden. Wir sind überzeugt, dass ohne die Stimmen
von Betroffenen weder Aufarbeitung noch Veränderung gelingen können“, so die
KDFB-Präsidentin. Sie fordert auf Grundlage der Münsteraner Studie weitere Forschungen
zu Betroffenen im Erwachsenenalter, bei denen oft spirituelle oder arbeitsrechtliche
Abhängigkeitsverhältnisse bestehen. Der KDFB veröffentlichte 2020 den
Band „Erzählen als Widerstand“ mit insgesamt 23 Berichten von Frauen, die als Erwachsene
im kirchlichen Raum geschädigt wurden.

Autor: Ute Hücker, KDFB Bundesverband
22.06.2022
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Bild: Julia Solonina auf Unsplash.com