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Frauen-Portrait

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U.S.: Liebe Marta, du wirst ja oft nur in der Rolle der Hausfrau, die Jesus bedient und sich über die Untätigkeit ihrer Schwester beschwert, gesehen. Meine Mutter hat immer gesagt, dass die Bibelstelle bei Lukas ein Ärgernis für jede Hausfrau ist.

Marta: Ich finde es schade, dass ich nur in dieser Rolle gesehen werde. Denn Jesus war ja oft bei uns zu Gast und ist für mich und meine Geschwister, Maria und Lazarus zu einem guten Freund geworden. Wir haben ihn und seine Botschaft von der Liebe zu allen Menschen sehr geschätzt und ich habe versucht durch mein diakonisches Engagement diese Botschaft auch in meinem Alltag umzusetzen.

U.S.: Ihr wart ja sehr unterschiedliche Schwestern, das kommt immer wieder zum Ausdruck, aber dennoch wart ihr beide für Jesus sehr wichtig.

Marta: Ja das stimmt. Ich bin eher praktisch und bodenständig veranlagt. Ich packe an und sage auch meine Meinung wenn mir etwas nicht passt. Maria ist eher die stillere, sensiblere, die oft gut zuhört und erst langsam und behutsam ihren Weg sucht. Doch ich glaube wir ergänzen uns sehr gut. Vielleicht haben uns deshalb die Leute auch oft als Gegenpole gesehen.

U.S.:  Wie meinst Du das?

Marta: In vielen spirituellen Texten wurde ich oft zum Vorbild für die tätige Nächstenliebe und Maria zum Vorbild für das Hören und die Kontemplation. Leider ist das nur die halbe Wahrheit, denn Tun ohne Hören und Verinnerlichen der frohen Botschaft ist nicht möglich und auch die Kontemplation ohne die Umsetzung in den Alltag ist zu wenig. Doch ich glaube wir beide haben immer beides gelebt, auch wenn wir von außen nicht so gesehen wurden.

U.S.: Meister Eckart, sieht Dich ja im Glauben schon weiter fortgeschritten als Deine Schwester. Er sagt, dass Du das Wort gehört hast und es jetzt schon in die Tat umsetzt, während Maria noch als Schülerin Jesus das Wort in sich aufnehmen muss und dann erst später zum Handeln kommen wird.

Marta: Vielleicht stimmt das auch. Jesus hat gesehen, dass ich mir Sorgen mache, dass seine Botschaft nicht umgesetzt wird. Er hat mich aber auch gebeten zu akzeptieren, dass Maria das für sie im Moment Gute gewählt hat. Damit hatte er ja auch Recht, denn Maria hat diese Zeit des Hörens gebraucht und hat ja später auch nach seinem Wort gehandelt.

U.S.: Im Johannesevangelium kommt ihr beide ja wieder vor. Da führst Du mit Jesus eine theologische Diskussion und sprichst dann als erste Person im Evangelium ein Christusbekenntnis. Maria kleidet ihr Bekenntnis in die Symbolhandlung der Salbung (Christus = der Gesalbte). Doch ihr beide drückt bereits vor Jesu Tod aus, dass ihr ihn für „den Christus, den Messias“ haltet und bleibt auch an seiner Seite als es ernst wird. Manche gehen ja davon aus, dass sich Jesus auf dem Ölberg bei Euch in Bethanien zurückgezogen hat und ihr mit ihm gewacht habt.

Marta: Ja das stimmt. Wir wollten ihn begleiten egal wohin sein Weg führt.

U.S.: Ärgerlich finde ich, dass Dein Christusbekenntnis in der Tradition gar nicht beachtet wurde, während das Christusbekenntnis des Petrus, das sich erst im Anhang des Johannesevangeliums befindet, als Legitimation für das Papsttum interpretiert wurde.

Marta: Ich finde es auch schade, denn gerade Jesu Umgang mit uns Frauen, war in dieser Zeit ja etwas sehr Außergewöhnliches.

U.S.: Danke für das Interview. Ich glaube wir können von Dir noch viel lernen.

Autor: Dr. Ursula Schell, Geistliche Begleiterin des KDFB-Diözesanverbandes Augsburg
29.07.2019
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