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Mehr Unterstützung für Familien und flexiblere Arbeitsverhältnisse

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Ein großer Hut ist nötig, um alle Anforderungen hinein zu packen…

Diese Feststellung machten die Teilnehmer/innen des KDFB-Podiumsgespräches im Kloster Brandenburg. Unter der Leitung von Ulrike Ostner (Bayrischer Rundfunk) diskutierten Mirjam Schlosser (Integrations- und Gleichstellungsbeauftragte am Landratsamt Neu-Ulm), Hubert Plepla (Ansprechpartner und Koordinator für das seniorenpolitische Gesamtkonzept des Landkreises Unterallgäu) sowie Dr. Michael Hirsch (Politikwissenschaftler, Philosoph und Privatdozent) die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf.

Um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, müssen Arbeitgeber flexiblere Arbeitszeitmodelle entwickeln, forderte KDFB-Bildungsreferentin Kerstin Mayer in ihrer Einführung. Mirjam Schlosser ist als alleinerziehende Mutter auf die Ganztagsschule und ihr soziales Netzwerk angewiesen. Teilzeit zu arbeiten, wäre vor allem aus finanzieller Sicht schwer vorstellbar. Mirjam Schlosser wies darauf hin, dass Teilzeitarbeit gerade in Führungspositionen oft undenkbar ist und in diesen Positionen noch wenig Umdenken stattgefunden hat.

Hubert Plepla vertrat die Auffassung, dass man in der Pflege immer mehr darauf angewiesen sein wird, ein WIR-Gefühl zu entwickeln und gerade in den ländlichen Bereichen nicht daran vorbeikommt, sich gegenseitig zu unterstützen. Die Dörfer und Weiler überaltern zunehmend, die Urbanisierung treibt immer mehr junge Familien in große Städte. Gleichzeitig sterben die Ortskerne aus, es entstehen Industriegebiete an den Ortsrändern. Wichtig ist, die Ortsmitten barrierefrei zu gestalten und den Ortskern wiederzubeleben, um diesen für ältere Menschen wieder attraktiv zu machen. Auch betonte Herr Plepla, dass die Familien der größte Pflegedienst der Welt sind und dass das komplette Pflegesystem ohne die Pflege in den Familien nicht finanzierbar wäre. Dafür würde die Pflegetätigkeit, die nach wie vor überwiegend von Frauen geleistet wird, zu wenig anerkannt und auch bei der Rente zu wenig berücksichtigt.

„Wo sind bei diesem Thema die Männer? Was wollen sie?“, fragte Moderatorin Ulrike Ostner vom Bayerischen Rundfunk die Diskussionsteilnehmer. „Diese Diskussion ist vor allem eine Männerfrage“, antwortete Dr. phil. Michael Hirsch, Politikwissenschaftler und Philosoph. Männer müssten sich mehr in die Organisation des Familienalltages einbringen, sollen die Frauen wirksam entlastet werden. Dies ist für Dr. Hirsch in seinem Privatleben bereits eine Selbstverständlichkeit. Männlich geprägte Vorstellungen, wie eine Berufstätigkeit und Karriere aussieht und welche Priorität ihr im Leben eingeräumt wird, zementierten die Arbeitszeitmodelle in den meisten Berufsfeldern. Dr. Hirsch schlägt eine 30-Stunden-Arbeitswoche für alle vor, so dass genügend Lebenszeit für die Familie bleibt und die Dominanz der Arbeit zurückgeht. Zunehmend mehr Frauen und Männern werden mangels Alternativen in Lebens- und Arbeitsmodelle gedrängt, die sie nicht wollen, das berichteten auch einige der Teilnehmerinnen im voll besetzten Saal aus eigener Erfahrung.

Das Publikum beteiligte sich engagiert an der Diskussion. Einig waren sich alle Teilnehmer darin, dass Arbeitgeber flexibler werden müssen, um sich den gestiegenen Anforderungen anzupassen. Tele- und Heimarbeitsplätze, wie sie das Landratsamt Neu-Ulm in einem Modellprojekt anbietet, wären ein erster Schritt zu erhöhter Flexibilität. Problematisch ist auch, dass sich die Einkommensverhältnisse so geändert haben, dass ein Verdiener alleine oft nicht mehr ausreicht, um die Familie zu ernähren. Zudem ist die Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern oft zu gravierend, Verdienstausfälle bei Elternzeit des Mannes sind durch den Verdienst der Frauen oft nicht auszugleichen.

Familien sollen durch unterstützte Angebote die Möglichkeit bekommen, alles unter einen Hut zu bekommen, wenn sie dies möchten. Und es soll nicht allein Aufgabe der Frauen sein.

18.06.2016
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Beim KDFB-Podiumsgespräch diskutierten Dr. Michael Hirsch, Hubert Plepla, Mirjam Schlosser mit Ulrike Ostner vom Bayerischen Rundfunk (von rechts).


Gute Stimmung bei den Teilnehmerinnen des KDFB-Fachgespräches zum Thema "Beruf, Familie und Pflege", links KDFB-Bildungsreferentin Kerstin Mayer.


Kirchturm von Dietenheim