Wir machen uns stark für Frauen
Gesellschaftspolitisch, kirchlich und sozial engagiert vertreten wir die Interessen von Frauen.

Statement Sr. Dr. Katharina Ganz

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Das Synodalforum „Frauen in Diensten und Ämtern“, in das ich berufen worden bin, hat sich noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland zur ersten Sitzung am 27. Februar in Frankfurt getroffen. Insgesamt waren 32 Personen anwesend, sieben weitere entschuldigt. Die Liste der Teilnehmer*innen ist im Internet abrufbar (www.synodalerweg.de). Das Verhältnis von Frauen zu Männern beträgt – nicht zuletzt begründet durch die Thematik des Forums – rund zwei zu eins. Nach Begrüßung, Vorstellung der Tagesordnung und einem geistlichen Impuls, wurden Bischof Dr. Franz-Josef Bode und Prof.in Dr. Dorothea Sattler zu den beiden Vorsitzenden des Synodalforums gewählt. Sie hatten bereits die Arbeit des Vorforums zu dieser Thematik geleitet. Bezüglich der Kommunikation und Arbeitsweise wurde vereinbart, dass die Moderation bei den Sitzungen in Abstimmung mit der Geistlichen Begleitung erfolgen soll; alle Forumsmitglieder können über die behandelten Themen und Inhalte informieren; die Ergebnisse der Sitzungen werden protokolliert. Um die vertrauliche Gesprächsatmosphäre zu wahren, werden die Sitzungen der Synodalforen nicht per Livestream übertragen. Zusätzlich zu den berufenen und gewählten Mitgliedern können Expert*innen als Gäste zu bestimmten Fragestellungen eingeladen werden.

Bericht aus dem Vorforum

Im Sommer und Herbst 2019 hatte eine Arbeitsgruppe ihre Vorüberlegungen zu dem Themenkomplex „Frauen in Diensten und Ämtern“ zusammengetragen und in Berichtform der ersten Synodalversammlung Ende Januar vorgelegt. Einig war man sich über die Ausrichtung an der Mitte des Evangeliums und am Dienst an den Menschen sowie über die Dringlichkeit der Fragestellung dieses Forums. Es gab einen Konsens, dass die Themenstellung „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ mehr umfasst als nur die Frage der Teilhabe von Frauen am sakramentalen Amt. Einigkeit herrschte darüber, dass die theologischen Positionen zu diesen Fragen zu sichten sind und der jeweilige gesellschaftliche und weltkirchliche Kontext berücksichtigt werden müssen; uneinig waren sich die Teilnehmer*innen über die Frage, wie verbindlich einzelne Äußerungen des kirchlichen Lehramtes sind.

Entscheidungsfähige Vorlagen erarbeiten

Ziel der Beratungen in den Synodalforen ist es, der Synodalversammlung Vorschläge zu den Themen des Forums zu machen, über die sie abstimmen können. Solche Voten fallen unter drei Kategorien: Entscheidungen, die in Deutschland in Kraft gesetzt werden können, sind von denjenigen Voten zu unterscheiden, die dem Papst vorgelegt werden müssen. Zudem kann es Empfehlungen geben, die auf einem Konzil behandelt und entschieden werden müssten.

Mehr Partizipation für Frauen

Bei der Beteiligung von Frauen an den Diensten und Ämtern, die schon heute möglich und mit dem geltenden Kirchenrecht von 1983 vereinbar sind, sollen alle Bereiche wie Verkündigung, Diakonie, Liturgie, Communio sowie wie die Berufung von Frauen auf Lehrstühle katholisch-theologischer Fakultäten in Blick genommen werden. Es sollen alle Entscheidungsebenen und ergänzend zur binnenkirchlichen Perspektive auch Führungserfahrungen von Christinnen in Politik und Gesellschaft einbezogen werden. Als zentrales Thema gilt die Anthropologie der Geschlechter, also die Lehre vom Menschsein und der Ausfaltung in den Geschlechtern. Hier gibt es unterschiedliche Positionen: Geht die schöpfungstheologisch begründete Lehre davon aus, dass es zwei Geschlechter gibt und sich Männer und Frauen polar gegenüberstehen und komplementär ergänzen, vertreten sozialwissenschaftliche Geschlechterstudien (Gendertheorien) oder Diversitykonzepte eher die Position, dass es mehr als zwei biologische Geschlechter gibt und die Rollen, wie sich Menschen im sozialen Leben verhalten, stark von kulturellen Übereinkünften abhängt – unabhängig vom jeweiligen biologischen Geschlecht. Nicht zuletzt angesichts der Missbrauchsvorfälle gehört zu der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Ansätzen eine kritische Reflexion auf die konkreten empirischen Folgen der jeweiligen Theorien für Frauen in Kirche und Gesellschaft. Die Perspektive der Geschlechtergerechtigkeit und das Anliegen einer Inkulturation des Evangeliums in unsere heutige Kultur sind ebenfalls bei dieser Fragestellung zu berücksichtigen.

Sakramentale Weihe für Frauen

Die Einschätzungen, wie sich theologische Positionen und lehramtliche Entscheidung in der Frage nach einer Zulassung von Frauen zum sakramentalen Amt zueinander verhalten, gehen auseinander. Stößt die Frage nach einer Frauenordination von vorneherein an Grenzen und wenn ja, an welche? Das Forum wird diese Fragen diskutieren und verspricht sich durch die grundlegende Diskussion zur Geschlechteranthropologie eine klärende Perspektive. In diesem Zusammenhang will sich das Frauenforum ausführlich mit den Ergebnissen der außerordentlichen Bischofssynode „Amazonien – neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie“ vom Oktober 2019 und dem nachsynodalen Schreiben „Querida Amazonia“ von Papst Franziskus und seiner Auslegung bzw. Bedeutung für die Situation in der Kirche in Deutschland befassen. Dabei zeigt „Querida Amazonia“ selbst mögliche Lösungswege unvereinbar scheinender Positionen auf.

Vereinbarung für die Weiterarbeit

Derzeit beschäftigen sich die Mitglieder des Forums „Frauen in Diensten und Ämtern“ in Untergruppen mit den oben genannten drei Themenstellungen: mit der Partizipation von Frauen in Leitungsdiensten unter den gegenwärtigen Bedingungen des Kirchenrechts (1), mit der Geschlechteranthropologie und Genderfragen (2) und mit der theologischen Argumentation in der kontroversen Frage der Teilhabe von Frauen am sakramentalen Weiheamt (3). Nach Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland fanden die Absprachen und der Austausch in diesen Arbeitsgruppen bislang ausschließlich digital statt. Zum ersten Themenschwerpunkt wurde eine Beratungsvorlage erarbeitet. Es werden darin den Synodalen Empfehlungen ausgesprochen, wie mehr Frauen involviert werden könnten bei der Leitung von Gemeinden und Pfarreien, in Liturgie und Verkündigung in der Gemeinde- und in der kategorialen Seelsorge, in Leitungspositionen und Aufgaben auf der Diözesanebene, in Gremien, Caritas, kirchlichen Verbänden und Laienorganisationen. Gestaltungsräume und Perspektiven gibt es in der medialen Sichtbarkeit von Frauen oder in der Besetzung von Lehrstühlen an theologischen Fakultäten. Erstrebenswert wäre eine stärkere Mitarbeit im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), eine prozentuale Steigerung von Beraterinnen in den Kommissionen sowie Einbindung von Expertinnen bei den Vollversammlungen der DBK. Auf weltkirchlicher Ebene könnte es deutlich mehr Frauen in der Leitung von Dikasterien geben und sollten Frauen mit Stimmrecht an den Beratungen bei Bischofssynoden teilnehmen können. Die Selbstverpflichtungen zur Erhöhung des Frauenanteils in all diesen Bereichen, auf denen sich die Synodalversammlung einigt, müssten natürlich in den Diözesen umgesetzt und regelmäßig evaluiert bzw. fortgeschrieben werden, um Wirksamkeit entfalten zu können. Die am Vormittag des 30. Juni digital besprochenen Korrekturen und Ergänzungen werden nun in den Textentwurf eingearbeitet und dann als Beratungsgrundlage in die Regionalkonferenzen eingebracht, die am 4. September in fünf deutschen Städten stattfinden.

Zur Geschlechteranthropologie und zu den Gendertheorien wurden in den letzten Monaten Texte und Thesenpapiere ausgetauscht. Eine erste kontroverse Debatte darüber erfolgte am Nachmittag des 30. Juni, ebenfalls in einer zweistündigen Onlineschaltung.

Das Forum selbst trifft sich voraussichtlich am 28. September zu einer weiteren Sitzung, hoffentlich mit Präsenzcharakter. Denn es ist schon deutlich geworden, dass bei allen verfügbaren technischen Mitteln die Qualität des Austauschs leidet, wenn sich die Beteiligten nicht wirklich begegnen können. Und Gesprächsbedarf gibt es wahrlich genug!

Autorin: Sr. Dr. Katharina Ganz OSF, Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen

19.07.2020
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