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Visionen für eine geschlechtergerechte Kirche

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Rund 80 Frauen und Männer waren der Einladung von Frauenseelsorge, Frauenbund und der Moritzkirche Augsburg gefolgt und empfingen das prominente Podium mit großem Applaus: Dr. Katrin Brockmöller (Präsidentin des katholischen Bibelwerks); Dr. Aurica Jax (Leiterin der Arbeitsstelle Frauenseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz) sowie Dr. Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, berührten und begeisterten im Laufe des Abends mit ihren klugen Gedanken, ihrer Ehrlichkeit und der Wucht ihres Engagements. Moderatorin Gerlinde Knoller beschrieb in ihrer Begrüßung knapp das Ziel des Abends. Es geht wie bei Maria von Magdala um das Erzählen der eigenen Geschichte und dem Schreiben von KirchenGeschichte(n). Bis heute haben Frauen bedeutende Geschichten zu erzählen, von ihrer Begegnung mit Gott, ihren Erkenntnissen aus der Bibel oder ihren Visionen einer zukunftsfähigen Kirche. Doch „nur“ weil sie Frauen sind, werden diese Geschichten nicht gehört, werden sie als Zeuginnen und Verkünderinnen nicht ernst genommen. Ihre Forderungen und Visionen nach Mitbestimmung und Mitgestaltung stoßen auf Widerstände – so ganz aktuell in den Bemühungen des Synodalen Weges.

Wenn Katrin Brockmöller aus der Bibel zitiert, Aurica Jax Beispiele für eine geschlechtsneutrale Gottesansprache und weibliche Vorbilder der Geschichte ausführt oder Irme Stetter-Karp über ihre Arbeit als ZdK-Präsidentin berichtet, sprüht die Leidenschaft – für eine Kirche, die ihr Zuhause ist, für die Verantwortung, die sie für die Missstände übernehmen und die enorme Energie, mir der sie für ihre Forderungen einstehen. Man spürt aber auch großen Schmerz und deutliche Wut.

Aurica Jax verleiht ihrer Hoffnung Ausdruck, dass der Ursprung des Synodalen Weges, nämlich den Ruin der Kirche aufgrund der Missbrauchsskandale zu verstehen und deren Ursachen zu bearbeiten, nicht verloren gehe. Erst in diesem Rahmen wurden die Betroffenen wirklich gehört und die Hintergründe aufgedeckt. Dies sei unabdingbar, um Schritte der Veränderung einzuleiten.

Bibelwissenschaftlerin Brockmöller sieht die Bibel als Impulsgeberin für diesen Prozess. Ihr wissenschaftliches Anliegen ist es, Fragen an die Bibel aus Frauenperspektive zu stellen und so dem patriarchalischen Buch eine neue Prägung zu verleihen. So wird sichtbar, dass in der frühen Kirche sehr unterschiedliche Modelle von Nachfolge gelebt wurden und die Texte von einer großen Pluralität zeugen.

Irme Stetter-Karp hat bei der Augsburger Diskussionsrunde bereits einen langen Tag voller Krisengespräche hinter sich: Am Vortag hatte ein Schreiben des „Heiligen Stuhls“, das ohne klaren Absender oder Unterzeichner allen Synodalen zugestellt wurde, die katholische Welt in Deutschland vor den Kopf gestoßen. So erleben die Zuhörenden, wie Stetter-Karp ihre Gefühle und Einschätzungen zu diesem „Florettstich“ im Augsburger Moritzsaal sichtlich betroffen offenlegt. Der „Warnschuss“ sei wahrgenommen worden, allerdings lassen sowohl Bischof Bätzing als auch Stetter-Karp sich nicht von ihrem Weg abbringen. Wie könne, so die Co-Präsidentin des Synodalen Weges, der Vatikan wiederholt den Vorwurf der Kirchenspaltung anbringen aber nie auf ihre Gesprächsangebote eingehen? Doch sei es nicht angezeigt, den Synodalen Weg als gescheitert zu bezeichnen. Ihres Erachtens müsse der kulturelle Wandel im Umgang miteinander und der Stil der inhaltlichen und spirituellen Arbeit als sehr positiv eingeschätzt werden. Dies habe Bestand, selbst wenn faktische Veränderungen schwer umsetzbar sind. Doch sie wäre nicht die engagierte und überzeugte Irme Stetter-Karp, wenn sie hier aufgeben würde: „Aber was wäre besser? Nichts tun?“

Nach einer kurzen Pause mit der Gelegenheit zu persönlichen Gesprächen ließen die Anwesenden den Abend mit einer Nachtliturgie in der Moritzkirche unter der Leitung von Brigitte Schwarz (CitySeelsorge Moritzpunkt), Dr. Ursula Schell (KDFB) sowie Elvira Blaha und Dr. Thérèse Winter von der Frauenseelsorge Augsburg ausklingen.

30.07.2022
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Unter der Moderation von Gerlinde Knoller (re.) sprachen: Dr. Aurica Jax, Dr. Irme Stetter-Karp, Dr. Katrin Brockmöller (v.l.n.r.)